Rechtspopulist Bolsonaro gewinnt erste Runde deutlich

  08 Oktober 2018    Gelesen: 1029
Rechtspopulist Bolsonaro gewinnt erste Runde deutlich

Es ist eine der wichtigsten Wahlen in Brasilien seit Jahrzehnten: In der ersten Runde hat der rechte Kandidat Jair Bolsonaro gewonnen. Im Kampf um das Präsidentenamt muss er gegen den Linken Fernando Haddad in die Stichwahl.

In Brasilien ziehen der Rechtspopulist Jair Bolsonaro und sein linker Kontrahent Fernando Haddad in die Stichwahl um das Präsidentenamt. Auf Bolsonaro entfielen im ersten Wahlgang 46,7 Prozent, wie die Wahlkommission nach Auszählung von fast allen Stimmzetteln mitteilte. Haddad von der linken Arbeiterpartei PT kommt demnach auf 28,37 Prozent der Stimmen. Die Stichwahl ist für den 28. Oktober angesetzt.

Der linke Bewerber Ciro Gomes kam auf 12,52 Prozent, der Mitte-Rechts-Kandidat Geraldo Alckmin auf 4,83 Prozent. Für Henrique Meirelles, Wunschkandidat des amtierenden Staatschefs Michel Temer, stimmten nur 1,21 Prozent der Wähler.

In Brasilien waren rund 147 Millionen Wahlberechtigten aufgerufen, einen Nachfolger für Temer zu wählen. Im Land herrscht Wahlpflicht. Die Abstimmung galt als wichtigster Urnengang seit dem Ende der Militärdiktatur 1985.

Bolsonaro, der mit rassistischen und sexistischen Äußerungen auf Stimmenfang ging und ein Verteidiger der früheren Militärdiktatur ist, war als Favorit in die erste Runde gegangen. Aus seiner Verachtung für das bestehende System machte er keinen Hehl: Er werde das Wahlergebnis nur bei einem eigenen Sieg akzeptieren, verkündete Bolsonaro jüngst. Er wird von den Streitkräften, einflussreichen evangelikalen Pfingstkirchen und einem großen Teil der Wirtschaft unterstützt. Bolsanaro wurde bei einem Messerangriff am 6. September schwer verletzt und erst vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen.

Für die Arbeiterpartei war Haddad angetreten, ein ehemaliger Bildungsminister und Ex-Bürgermeister von São Paulo. Er vertritt den gemäßigten Flügel der PT und umwarb vor allem die Mittelschicht. Er hat die meisten Gewerkschaften und sozialen Bewegungen auf seiner Seite und ist vor allem im armen Nordosten stark. Die PT schickte Haddad anstelle des früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silvains Rennen - der ist nach einer Verurteilung wegen der Annahme von Schmiergeldern in Haft und darf nicht antreten.

Brasilien ist die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas - und steckt in einer tiefen Krise. Zahlreiche Politiker sind in Korruptionsskandale verwickelt, die Wirtschaftläuft nur schleppend und die Gewalt nimmt immer weiter zu. Der Wahlkampf war von einem schweren Konflikt zwischen Rechts und Links geprägt.

Worum es bei der Wahl am Sonntag außerdem ging

Bei der Abstimmung am Sonntag ging es nicht nur um das Präsidentenamt. Zur Wahl standen auch die Gouverneure sämtlicher Bundesstaaten, zwei Drittel des Senats sowie alle 513 Mandate für das Abgeordnetenhaus. Ergebnisse dazu liegen bisher nicht vor.

Das politische System Brasiliens ist ein Hybrid aus einem Präsidentialismus nach US-Vorbild und dem Parlamentarismus europäischen Modells. Der Präsident muss vor jeder wichtigen Abstimmung im Kongress die Regierungsmehrheit neu verhandeln; es gibt weder Fraktionszwang noch Fünfprozenthürde. Das führt dazu, dass mehr als 30 Parteien im Kongress sitzen, die Regierung muss sich ihre Unterstützung erkaufen - eine der Hauptursachen der Korruption.

spiegel


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